Auf den ersten Blick präsentiert sich Ryan Cooglers neuer Film Sinners als Vampir-Horrorgeschichte, aber seine wahre Brillanz liegt darin, das Publikum in das Mississippi der 1930er Jahre zu versetzen, während er Bluessmusik – historisch als "Teufelsmusik" verdammt – in das Gefüge seines überwiegend schwarzen Ensembles webt. Angeführt von Michael B. Jordans Doppeldarstellung der Zwillingsbrüder Smoke und Stack, definiert der Film das Genre neu, indem er Folklore, Geschichte und musikalisches Erbe vereint.
"Jenseits der für Vampire typischen Blutgier pulsiert Sinners mit einem unvergesslichen Score", bemerkt Eric Goldman in seiner überschwänglichen Sinners-Kritik für IGN. "Wenn Sammie (Miles Caton) und die Blues-Legende Delta Slim (Delroy Lindo) im Etablissement der Brüder auftreten, verwandelt Coogler ihre Musik in eine Linse, um universelle menschliche Verbindungen zu untersuchen – wie Melodien Gemeinschaften über Generationen hinweg verbinden, oft ohne bewusste Wahrnehmung."
Der Film kontrastiert meisterhaft zwei musikalische Traditionen – afroamerikanischen Blues und irische Folkmusik – als Metaphern für gemeinsame koloniale Traumata. Ihre klimaktischen Auftritte, so beobachtet Goldman, positionieren Sinners als "einen Film in der Nähe von Musicals", der "enthüllt, wie der Klang seine Schöpfer über Jahrhunderte hinweg unsterblich macht."
In einem exklusiven Interview (der Klarheit halber redigiert) spricht Coogler über Blues-Mythologie, die unerwartete Tiefe des Vampir-Antagonisten und warum diese Setpieces zum Rückgrat des Films wurden.
IGN: Wie definiert Bluessmusik die emotionale Landschaft dieser Welt?
Ryan Coogler: Es ist eine rohe Bestätigung der Menschlichkeit – Körper und Seele. Prediger verteufelten sie, aber der Blues erkennt an, was Hymnen auslassen: Verlangen, Wut, Leid. In Juke Joints legten Menschen die Masken ab, die sie auf Baumwollfeldern oder in Kirchen trugen. Hier gibt es keine Heuchelei – nur ungefilterte Wahrheit. Wenn ein Mann singt 'Ich bin nicht gut', dann bekennt er sich zu jedem Fehler, während er seinen Geist intakt hält.
IGN: Das Vampirkollektiv vereint diverse Hintergründe – wie sehen Sie das?
Coogler: Remmicks Dualität hat mich besessen. Das Schreiben über ihn fühlte sich so persönlich an wie bei Killmonger in Black Panther. Er unterläuft die Erwartungen – zu beobachten, wie Zuschauer realisieren, dass seine racial views ihre Annahmen auf den Kopf stellen, war elektrisierend. Die meisten Vampirfilme führen etablierte Coven ein; hier erleben wir einen Anführer, der seinen Stamm schmiedet.
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IGN: Beide Musikszenen sind Triumph – wie dienen sie der Erzählung?
Coogler: Sie sind der Herzschlag. Irischer Stepptanz und Blues entstanden beide als Rebellion – steife Haltung, codierte Texte – Werkzeuge des Widerstands. Wenn Remmick, ein unsterblicher Außenseiter, sich selbst in schwarzen Musikern der 1930er Jahre wiedererkennt? Das ist die Magie des Kinos. Ich wollte, dass das Publikum 2025 dieses kindliche Staunen spürt, wie beim ersten Anblick der Dinosaurier in Jurassic Park.
Sinners Hinter den Kulissen


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IGN: Die Single-Take-Szene im Juke Joint wirkt transzendent – was hat sie inspiriert?
Coogler: Das Kino allein kann dieses "Das-Haus-wird-abgerissen"-Gefühl einfangen, wenn Virtuosen spielen. Mein Job? Kulturellen Kontext in visuelle Sprache übersetzen. Diese Musiker – denen grundlegende Freiheiten verweigert wurden – schufen Räume, in denen ihre Enkelkinder eines Tages tanzen könnten. Das ist Zeitlosigkeit.
IGN: Der Irish-Folk-Höhepunkt bietet einen weiteren atemberaubenden Kontrast.
Coogler: Genau! Irische Balladen maskieren Trauer mit Schwung – sie singen von Ghulen, während sie an ancestral trauma klopfen. Der Blues macht dasselbe: durch Rhythmus trauern. Remmick hört beide und denkt: Das sind meine Leute. Diese Erkenntnis? Deshalb mache ich Filme.